1200 Bergener unterschreiben gegen Sparmaßnahmen im Kita-Bereich

Politik Von Extern | am Do., 15.10.2020 - 14:00

BERGEN. Auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung des Kita-Ausschusses der Stadt Bergen stand unter anderem die Abstimmung über einen Beschlussvorschlag zum Umbau der Kindertagesstätte Neuer Weg. Ziel des von CDU und Grünen im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes eingebrachten Umbaus soll die Erweiterung der Gruppenstärke von 20 auf 25 Kinder und damit Einsparungen sein. Während die CDU möglichst bald mit den Umbaumaßnahmen beginnen möchte, hat laut den beiden Vorsitzenden des  Beirats der Kita Neuer Weg, die Verwaltung den Vorschlag angeboten, zunächst den Neubau der KiTa Beethovenstraße umzusetzen und parallel hierzu gemeinsam mit dem Landkreis Celle eine Kita-Bedarfsplanung zu erstellen. Auf Basis dieser solle anhand einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung über mögliche weitere Maßnahmen zur Schaffung neuer Plätze beraten werden. Der Fachausschuss habe nach langer Diskussion für den Vorschlag der Verwaltung und somit gegen den sofortigen Umbau der Kita Neuer Weg gestimmt.

Vor Beginn der Diskussion und der anschließenden Abstimmung nahmen Simone Thies, Vorsitzende des Beirats der Kita Neuer Weg, sowie Christin Dammann, stellvertretende Vorsitzende, Stellung. Mit Nachdruck lehnten sie den Vorschlag zum Umbau und zur Gruppenerweiterung ab. Sie repräsentierten eigenen Angaben zufolge nicht nur die Haltung von Eltern und Erziehern als Vertreter der Kinder, sondern untermauerten ihren Standpunkt auch mit einschlägigen Empfehlungen zu Betreuungsschlüssel und Gruppenstärke aus der Fachwelt. So heiße es beispielsweise in dem kürzlich veröffentlichen jährlichen „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann-Stiftung: „Gruppen für jüngere Kinder sollten nicht mehr als 12 Kinder umfassen, für Ältere nicht mehr als 18.“ 

Simone Thies betonte: „Die Fachwelt ist sich einig, die Gruppenerweiterung ist der falsche Weg. Die im Haushaltssicherungskonzept der Stadt Bergen beschlossenen Sparmaßnahmen, Kürzungen von Vertretungspersonal, Kürzungen der Betreuungszeiten in allen städtischen KiTas und allen voran der Umbau zwecks Gruppenerweiterung im Neuen Weg stehen im krassen Gegensatz zu den bundespolitischen Zielen des Gute KiTa Gesetzes." Mit Blick auf Bergen führt Thies aus, dass die frühkindliche Bildung, sprich die KiTas bisher ein Argument für Zuzug nach Bergen seien. Der nun von der Ratsmehrheit aus CDU und Grünen eingeschlagene Weg sei jedoch das Gegenteil von Chancengleichheit und Familienfreundlichkeit.

Die beiden Beiratsvorsitzenden hinterfragten die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme. Sie hegen starke Zweifel daran, auf diese Weise dauerhaft Personalkosten einsparen zu können. Sie führten an, dass die verbindliche Einführung der dritten Fachkraft je Gruppe für die Krippe ab 2025 gesetzlich gelte und weitere Änderungen im KiTa Gesetz angekündigt seien. Mit Blick auf die aktuellen bundesweiten Streiks von Erziehern und des Fachkräftemangels mahnten sie die Politik, für gute Rahmenbedingungen zu sorgen – denn „Erzieher können sich gerade aussuchen wo sie arbeiten wollen und entscheiden sich selbstverständlich auch anhand des Arbeitsumfelds für ihren Arbeitsplatz.“ 

Natascha Reuter, Leiterin des Kindergartens Offen beklagte, dass CDU und Grüne an der Gruppenerweiterung im Neuen Weg festhalten. Und das, obwohl alle Erzieher und Leiterinnen, insbesondere die aus Einrichtungen mit 25er Gruppenstärken,  sich nachdrücklich für kleinere Gruppen und mehr Erzieher pro Gruppe aussprächen. „Wie sollen wir in kleinen Gruppen arbeiten, wenn 2 Erzieher für 25 Kinder zuständig sind? Das würde bedeuten, dass eine Erzieherin mit 20 Kindern allein ist, während die andere mit 5 Kindern in einer kleinen Gruppe arbeitet.“  Edith Kappelmann, Leiterin der KiTa Neuer Weg, bekräftigte: „Alle pädagogischen Fachkräfte und nicht nur im Stadtgebiet vertreten die gleiche Meinung und alle kämpfen für eine Senkung der Gruppenstärke in allen Einrichtungen.“ 

"Die Kinder, Eltern und Erzieher des Neuen Wegs sind nicht allein. Die Petition des Kita Beirats Neuer Weg gegen die geplanten Sparmaßnahmen war bereits innerhalb von nur 3 Wochen von mehr als 1.200 Berger Bürgern unterschrieben worden", berichten die beiden Elternbeiratsvorsitzenden. Christin Dammann betont, dass die Aktion noch bis Ende Oktober laufe. "Eltern und Erzieher werden sich weiter für Ihre Kinder einsetzen", so Dammann. Sie forderte alle Mitglieder des Stadtrats dazu auf, sich aktiv für die Interessen der Kinder einzusetzen und schloss den Beitrag des Beirats mit einem Zitat von Erich Kästner:  „An allem Unfug, der passiert, sind nicht etwa nur die Schuld, die ihn tun, sondern auch die, die ihn nicht verhindern.“

Die Mehrheit des Ausschusses teilte die Meinung der Beiratsvorsitzenden und stimmte gegen die Stimmen der CDU für den Vorschlag der Verwaltung. Damit ist der Umbau aber noch nicht ausgeschlossen. Das letzte Wort hat der Rat. "Die Eltern und Erzieher in Bergen werden diesem Unfug  nicht tatenlos zusehen", so die Elternbeiratsvorsitzenden. Wer die Petition gegen die geplanten Sparmaßnahmen im Bereich der städtischen Kindertagesstätten unterstützen möchte, wende sich an christin.dammann@gmx.de