„Ziele nicht aus den Augen verlieren“ - Bürgermeisterin Claudia Dettmar-Müller im Interview
Politik Von Susanne Zaulick | am Di., 12.01.2021 - 15:47
BERGEN. Am 1. November 2019 hat Claudia Dettmar-Müller das Amt als Bürgermeisterin der Stadt Bergen angetreten. Nun liegt das erste volle Jahr hinter ihr. CELLEHEUTE hat die Verwaltungschefin dazu eingeladen, eine Zwischenbilanz zu ziehen.
Frau Dettmar-Müller, das erste Jahr als Bürgermeisterin der Stadt Bergen liegt hinter Ihnen. Haben Sie sich das Amt so vorgestellt?
Vom Grundsatz her habe ich es mir schon so vorgestellt. Vor meinem Amtsantritt habe ich ja schon 13 Jahre Ratsarbeit im Ehrenamt leisten dürfen, da hat man im Verlauf der Zeit die nötigen Einblicke erhalten und auch eng mit dem damaligen Bürgermeister zusammengearbeitet. Außerdem habe ich erwartet, dass das Bürgermeister-Amt sehr vielseitig und abwechslungsreich ist, das trifft auf alle Fälle zu. Man weiß nie, was einen im Laufe des Tages erwarte, das ist unglaublich spannend und besonders.
Was lief anders als geplant?
Tatsächlich einiges. Ich bin ein ungeduldiger Mensch und wollte in bestimmten Bereichen viel schneller Dinge umsetzen. Aber auch als Bürgermeisterin muss man viele Beteiligte mitnehmen: Kommunalpolitiker, Verwaltung, Investoren, Bürger…. die Liste ist da lang. Gleichzeitig befinden wir uns seit März 2020 in einer Pandemielage, das allein ist ja schon eine enorme Herausforderung. Aber egal wie die Lage ist und warum, das Ziel behalte ich im Auge, nämlich die Stadt zu entwickeln. Ich hoffe, dass in 2021 auch einiges für die Bürger sichtbar wird, z.B. der Abriss der Berliner Straße. Sehr am Herzen liegt mir auch die Gründung des Fördervereins für unser Schwimmbad. Doch auch hier konnten die Treffen mit den Interessenten zur Vereinsgründung wegen Corona noch nicht stattfinden.
Haben Sie Erfahrungen gemacht, aus denen Sie für die Zukunft lernen? Falls ja, welche sind das und wie sehen die Konsequenzen daraus aus?
Natürlich habe ich Erfahrungen in meiner Tätigkeit gemacht, die mich veranlasst haben, mein eigenes Tun und Handeln zu reflektieren. Sei es innerhalb der Verwaltung oder auch im strategischen Handeln innerhalb der Netzwerke. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich an dieser Stelle keine Beispiele anführen möchte. Wichtig ist doch, dass man aus den Erfahrungen immer Positives mitnimmt und das entsprechend versucht umzusetzen. Gleichwohl geht es darum, Entschlossenheit zu zeigen und ein klares Ziel vor Augen zu haben, denn wer, wenn nicht die Bürgermeisterin, sollte mit starkem Rückgrat die Bürger vertreten? Grundsätzlich ist mein Motto: Immer die Ruhe bewahren, denn in der Ruhe liegt die Kraft, dann lässt sich alles lösen.
An welcher Stelle sehen Sie Bergen auf einem guten Weg bzw. verzeichnen Erfolge?
Sechs Jahre ist es her, dass die Briten aus Bergen abgezogen sind. Die Konversion haben wir gut bewältigt, aber wir befinden uns immer noch im Stadtumbau. Sicherlich ist Stadtumbau ein immerwährender Prozess. Aber viele Projekte, die mit dem Abzug angeschoben worden sind, sind immer noch nicht zum Abschluss gebracht worden. Hinter den Kulissen passiert zwar viel, aber die Bürger können es optisch nicht wahrnehmen. Ich kann gut verstehen, dass diesbezüglich Unmut aufkommt. Ich bin aber überzeugt, dass im Jahr 2021 sichtbare Veränderungen durchgeführt werden, nicht zuletzt der Abriss der Berliner Str. steht kurz bevor. Auch dass wir mit Bergen-Süd in das Dorfentwicklungsprogramm aufgenommen worden sind ist ein Segen. Im Gewerbegebiet „Auf der Schanze“ konnten mehrere Grundstücke an Gewerbetreibende veräußert werden. Dort wird sich in 2021 einiges tun. Aktuell interessieren sich auch verschiedene Investoren für Grundstücke im Ortskern Bergen. Bewegung ist da, aber einem Vertragsabschluss gehen immer langwierige Verhandlungen voraus. Mein Wunsch an die Politik ist: Schneller zu entscheiden. Jede Entscheidung birgt ein Risiko, aber Stillstand ist eben Rückschritt, da müssen wir aufpassen. Sie haben noch nach den Erfolgen gefragt: Seit einem Jahr bin ich im Amt und mein vorrangiges Ziel war es, die Finanzen zu optimieren. Das Haushaltsjahr 2020 können wir Stand heute viel besser abschließen als erwartet. Als ein Beispiel kann ich anführen, dass ich im Spätsommer letzten Jahres eine Haushaltssperre erlassen habe, die uns unter dem Strich ca. 430.000 Euro eingebracht hat. Wichtige Maßnahmen waren davon nicht betroffen. Am Ende ist ein Jahr – und dann noch mit Corona -aber zu kurz, um von großen Erfolgen zu sprechen, es sind am Ende die kleinen Dinge, die den Stadtrat, die Verwaltung und letzten Endes die Bürgermeisterin erfolgreich sein lassen.
Und wo „hakt“ es aus Ihrer Sicht noch?
Aus meiner Sicht hakt es an der Schwerfälligkeit des gesamten Systems, an dem Anspruch der Politik, jedes Projekt von fünf Seiten zu beleuchten und ständig auf Gutachten zu bauen. Das soll bitte niemand als Vorwurf verstehen. Jeder handelt ja nach seinem Wissen und Gewissen, aber Sie haben mich gefragt. Ich bin in meinen Ideen und Zielen ganz klar und könnte sehr schnell zu einer Entscheidung kommen. Ich möchte mal vorpreschen und das an einem Beispiel festmachen: Wir diskutieren aktuell über die Sanierung der Hinrich-Wolff Grundschule. Meine Meinung dazu ist, in dem entstehenden Neubaugebiet Berliner Str. einen Schulneubau nach neuesten pädagogischen Anforderungen zu errichten. Das sind wir unseren Kindern schuldig. Das jetzige Gebäude der Hinrich-Wolff Schule würde ich sanieren wollen und einem anderen Zweck zuführen. Auch hier hat die Verwaltung einen Plan, den ich an dieser Stelle noch nicht öffentlich machen möchte.
Als Bürgermeisterin trifft man ja normalerweise viele Menschen. Welche Begegnung hat Sie im vergangenen Jahr am meisten beeindruckt und warum?
Bedingt durch Corona gab es fast keine persönlichen Begegnungen. Grundsätzlich kann ich aber sagen, dass mir alle Begegnungen gleich wichtig sind. Besonders gefreut und aufgebaut haben mich die Gespräche mit Bürgern, die mir viel Zuspruch geben und mich in meinem Tun unterstützen, dafür möchte ich mich an dieser Stelle sehr bedanken und daraus schöpfe ich die Kraft!
Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit durch die Corona-Krise manchmal „ausgebremst“?
Definitiv! Ich hoffe inständig, dass dieses Jahr für uns alle leichter wird.
Wie sieht Ihr wichtigster Vorsatz für das neue Jahr aus?
Meine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und mir meine Motivation zu erhalten. Das sieht aber gut aus, denn ich bin nach wie vor dankbar und glücklich, dieses Amt ausüben zu dürfen, das ist schon etwas Besonderes und dem möchte ich gerecht werden. Ich habe eine wunderbare Familie, die mich unterstützt, was will ich mehr?
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