Celler Bundestagsabgeordnete zur geplanten "Notbremse"

Politik Von Redaktion | am Mi., 14.04.2021 - 10:54

BERLIN/CELLE. Zum derzeit geplanten verlängerten und härteren Lockdown bei bundeseinheitlicher Regelung nehmen auf Anfrage von CELLEHEUTE die Celler Bundestagsabgeordneten Kirsten Lühmann (SPD), Henning Otte (CDU) und Thomas Ehrhorn (AfD) Stellung. Antworten Reihenfolge Posteingang, unzensiert und unkommentiert: 

Kirsten Lühmann:

Fest steht: wir müssen handeln. Das haben die letzten Wochen deutlich gezeigt. Die Maßnahmen, die sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden, sind weder sinnvoll zur Bekämpfung der Pandemie, noch verständlich für die Menschen, die sich an die Regeln halten sollen. Wir müssen einheitlich vorgehen, wenn wir die Ausbreitung des Coronavirus, insbesondere der Mutante B.1.1.7 verlangsamen wollen – auch um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten

Die Formulierungshilfe vom Bundeskabinett legt den Grundstein dafür und wird jetzt von den Regierungsfraktionen in den Bundestag eingebracht. Nach den ersten Diskussionen in den Fraktionsgremien der SPD ist aber klar: so wird es nicht bleiben. Wie die Bestimmungen u.a. zu zusätzlichen Kriterien neben der Inzidenz, zum Rechtsweg, zu der Zustimmung zu Regierungsverordnungen der Bundesregierung, zu den Ausgangssperren und den Öffnungen des Einzelhandels genau aussehen werden und wie ich dann entscheiden werde, kann ich heute noch nicht sagen.

Die Erkenntnisse der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen insbesondere zu der Verbreitung von Aerosolen in Innenräumen und im Außenbereich sind zurzeit ein wichtiger Bestandteil dieser Diskussionen.

 

Henning Otte:

"In der heutigen Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde dieses Thema intensiv diskutiert. Es folgt die 1. Lesung sowie eine Anhörung. Kommende Woche wird das Gesetz voraussichtlich in 2./3. Lesung diskutiert und beschlossen. Die aus der Bevölkerung vorgebrachten Argumente werde ich in den weiteren Gesetzgebungsprozess ebenso einbringen wie verfassungsrechtliche Bedenken. Nur bei breiter Akzeptanz werden notwendige Maßnahmen umgesetzt und tragen so zu einer erfolgreichen Bekämpfung der Corona-Pandemie bei.

Eine bundeseinheitliche Regelung als Ergänzung des Infektionsschutzgesetzes ist sinnvoll, um das wachsende Infektionsgeschehen eindämmen zu können. Die 7-Tages-Inzidenz, der R-Wert und die Auslastung der Intensivbetten erfordern eine zügige und einheitliche Lösung. In Bundesländern, in denen die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz bisher schon eine eindeutige Umsetzung fanden, wird es daher nur wenige Änderungen geben. So kann aber ein Flickenteppich, bei dem die aktuelle Verordnungslage nur schwer nachvollziehbar ist, verhindert werden. Die einheitliche Notbremse muss aber um eine regional ausgerichtete Öffnungsperspektive ergänzt werden, so dass Landkreise mit niedriger Inzidenz Erleichterungen vornehmen können. Daher begrüße ich, dass unter einer Inzidenz von 100 die Bundesländer gemeinsam mit den Kommunen Entscheidungen treffen können."



Thomas Ehrhorn:

1. Gegen ein Gesetz der Bundesregierung, mit dem die Lockdown-Maßnahmen noch weiter verschärft und um starre Verbots- und Schließungsvorgaben für ganz Deutschland ergänzt werden sollen, werde ich selbstverständlich stimmen. Es ist nur zu durchschaubar, dass es der Bundesregierung und den Ländern tatsächlich darum geht, den Rechtsschutz zu erschweren. Zahlreiche Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte haben in der Vergangenheit rechtswidrige Vorschriften der Länder bzw. der Kreise gekippt. Insbesondere eine nächtliche Ausgangssperre hatte das OVG Lüneburg erst kürzlich für rechtswidrig erklärt. Dennoch wollen die Regierungen diese unzulässige Vorgabe nun bundesgesetzlich verankern.  Über die Rechtswidrigkeit eines Bundesgesetzes könnte dann nur noch das Bundesverfassungsgericht urteilen, was den effektiven Rechtsschutz gegen staatliche Willkürmaßnahmen deutlich erschwert.

Außerdem bin ich der Ansicht, dass gerade die Bundesregierung, die Initiatorin des Gesetzes ist,  seit einem Jahr in der CORONA-Krise vollständig versagt. Weder bekommt sie es hin, die "Coronahilfen" rechtzeitig an die Berechtigen auszuzahlen, noch die Impfstoffe, die sie selbst als Allheilmittel anpreist, in ausreichendem Maße zu besorgen, geschweige denn das Einschleppen des Virus und seiner Mutationen nach Deutschland zu verhindern, obwohl das ihre vorrangige Aufgabe nach dem Gesetz wäre. Nach einem Jahr mit dem CORONA-Virus ist sie noch nicht einmal in der Lage, gezielt Infektionsgeschehen zu verhindern, sondern ist immer noch der Ansicht, dass die Menschen zu ihrem Schutz nur weggesperrt, vereinzelt und vielfach um die Grundlage ihres eigenständigen Broterwerbs gebracht werden müssten. Das ist die totale Bankrotterklärung unserer Bundesregierung, der deshalb keinesfalls weitere Macht zufallen darf . 

Wie willkürlich das Infektionsschutzgesetz ist, wird bereits daran deutlich, dass eine dort noch vor wenigen Monaten eingefügte Infektionszahl von 50, ab der die härtesten Maßnahmen gelten sollten, nun auf 100 hochgesetzt werden soll. Inzidenzzahlen, die beliebig durch Hoch- und Zurückfahren der Tests manipulierbar sind, können ohnehin niemals verfassungskonform Grundlage eines Gesetzes sein.

2. Der Offene Brief der Aerosol-Wissenschaftler müsste bei einer verantwortungsbewussten Bundesregierung zu einem Umdenken führen, falls es ihr tatsächlich darum geht, woran ich zweifle, eine Pandemie effektiv zu bekämpfen. Neben den Juristen scheinen auch ausgewiesene Fachleute Ausgangssperren für kein taugliches Instrument zur Pandemie-Bekämpfung zu halten. Beharrlich weigert sich die Bundesregierung aber offenbar, sich mit unterschiedlichen Expertenansichten auseinanderzusetzen, wie es jemand tun würde, der tatsächlich an einer Lösung interessiert ist.