"Applaus, Applaus, damit kommen wir nicht aus" - Öffentlicher Dienst fordert mehr Lohn

Gesellschaft Von Redaktion | am Mi., 21.10.2020 - 15:31

CELLE. Die Gewerkschaft ver.di hatte erneut zum Warnstreik aufgerufen und etliche Mitarbeiter von Kommunalverwaltungen, Sparkasse und anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes kamen in die Triftanlagen um die Forderungen zu unterstützen. Charly Braun, DGB-Sprecher Region Nordost-Niedersachsen und ver.di-Bezirksvorstand Hannover-Heide-Weser hielt eine kämpferische Solidaritätsrede:

"Liebe KollegInnen und Kollegen hier im Streik und liebe Menschen, die ihr die Dienstleistungen braucht. Corona schränkt Streiks ein, aber wenn die Öffentlichen Arbeitgeber meinen, sie könnten uns deshalb billig abspeisen, dann haben sie sich gewaltig geirrt 2,4 Millionen Beschäftigte bei Bund und Kommunen sind von dieser Tarifrunde direkt betroffen. Und die Arbeitgeber vieler weiterer Kolleginnen und Kollegen - also Wohlfahrtsverbände, Kirchen, private und ausgesourcte Betriebe orientieren sich zumindest an ÖD-Tarifen. Gerade erst in der Corona-Krise haben wir erlebt, wie wichtig viele Dienstleistungen sind. Die Beschäftigten haben vielfach ihre Gesundheit riskiert, um für alle das Leben am Laufen zu halten. Das betraf und betrifft weiterhin vor allem jene, die im Beruf Kontakt zu Menschen haben. Die KollegInnen im Gesundheitswesen wurden beklatscht. Die Daseinsvorsorge gesichert haben aber auch unsere KollegInnen in Kitas, bei der Müllabfuhr, den vielerlei kommunalen und anderen Aufgaben innerhalb und außerhalb des Öffentlichen Dienstes. 
Ohne all diese Jobs funktioniert Gesellschaft nicht. Für viele dieser Berufe ist seit langem, schon vor der Coronazeit – unwidersprochen – klar, dass ihre gesellschaftlich notwendige Arbeit deutlich besser bezahlt werden muss und dass sich die Arbeitsbedingungen deutlich verbessern müssen. Nur zwei Beispiele, für die die gewählten Abgeordneten aus Landtag und Bundestag verantwortlich sind.
1) Eltern und Erzieherinnen wissen es genauso wie die Politik seit Jahren: Wir brauchen dringend eine dritte sozialpädagogische Fachkraft in den Kita-Gruppen. Wann beschließt und finanziert ihr das endlich im Landtag, Herr Adasch?
2) Woher kommt der Stress in Kliniken? Warum fehlen Pflegekräfte und andere Gesundheitsberufe? Warum werden Kliniken geschlossen, zusammengelegt, privatisiert?

ver.di fordert seit langem die Wiederherstellung der kostendeckenden Klinikleistungen. Dann gäbe es das Dilemma des AKH in Celle und Peine nicht, dann bräuchten die Klinikmanager nicht darüber nachdenken, wie sie auf dem Rücken der Beschäftigten die Krise bewältigen. Dann würden Klinikbeschäftigte nicht ausgebrannt und ausgepowert ihren Beruf verlassen. Kliniken die notwendige Finanzierung zurück zu geben, dafür ist in erster Linie der Bundestag zuständig, Herr Otte und Frau Lühmann.

Liebe KollegInnen und Kollegen,
„Applaus, Applaus, damit kommen wir nicht aus! „
Liebe KollegInnen ihr habt mehr verdient als beklatscht zu werden. Jetzt ist die Lohn- und Gehaltstarifrunde dran. Der Arbeitgeber-Verhandler, OB Mädge aus Lüneburg, erklärt, dass den Kommunen das Geld fehlt.
- 1) Solches Gerede gab es auch in Tarifrunden lange vor Corona.
-2) Wenn den Kommunen Geld fehlt. Dann müssen die Kommunen eben einen größeren Anteil der gesamt-staatlichen Steuereinnahmen bekommen. Das ist schon lange überfällig. Denn dort findet wichtige Daseinsvorsorge der Bevölkerung statt. Und diese wichtige Arbeit erledigt ihr liebe Kolleginnen und Kollegen Tag für Tag.
– 3) Es heißt, der Staat hat gerade im ersten Corona-Halbjahr soviel Extra-Geld ausgegeben und sich dafür bei den Großbanken noch mal milliarden-mäßig verschuldet. Ja das ist so.
Aber waren es nicht die Regierenden der letzten 20 Jahre selbst, die die Steuern für Vermögensmilliardäre und Einkommensmillionäre enorm gesenkt haben, die es zugelassen haben, dass Konzerne ihre Profite - ohne hier zu versteuern – in Steuerparadiese haben verschwinden lassen. Gewerkschaften und ATTAC haben genug Vorschläge gemacht, wie man dagegen vorgeht. Wer hat die großen Finanzjongleure unkontrolliert einfach machen lassen? Und um Staatshaushalt, Konzerne und Großbanken zu retten, bekamen wir mit Hartz IV und der maßlosen Ausweitung prekärer Beschäftigung gewaltige gesetzliche Armutsprogramme serviert.
- 4) Aber um den Forderungen von NATO und USA zur enormen Steigerung der Rüstungsausgaben nach zu kommen, dafür gibt es kein Halten beim Ausgeben unserer Steuergelder. Der geplante Kauf superteurer Kampfjets zum Transport von US-Atombomben ist obendrein brandgefährlich. Das kritisieren alle DGB-Gewerkschaften.
- 5) Der ohnehin vorhandene kommunale Investitionsstau hat sich durch Corona-Maßnahmen vergrößert. Die Forderung, die Kommunen von der Finanzierung sozialer Aufgaben zu entlasten ist nicht neu. Neu ist aber, die Gewerbesteuer zur Gemeindewirtschaftssteuer zu entwickeln. Immobilienhaie und sog. Freiberufler sollen auch zahlen.

Das Geld wird dringend gebraucht für Gesundheit, Soziales, Bildung, Infrastruktur und gesunde Klimapolitik und genau da macht ihr die Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst ! Selbst während der Corona-Krise sind die Reichen reicher geworden, während die Arbeit mit Kranken, Behinderten, SeniorInnen, Kindern und die Arbeit mit Kopf und Händen immer intensiver wird, werden Mieten und Lebenshaltung teurer. Arbeitgeber-Verhandler Mädge antwortet darauf doch glatt, ich zitiere: "Wir müssten im Grunde ganz andere Diskussionen führen, nämlich über Einschnitte reden." Ja potztausend-noch-mal, ist das dreist und respektlos gegenüber den Kolleginnen und Kollegen. Geld ist genug da, es ist nur falsch verteilt.  Wertschätzung geht anders. Darum Streik für Gute Arbeit, guten Lohn!

Und wir brauchen ausreichend Personal im öffentlichen Dienst - und das bedeutet schließlich bessere Dienstleistungen und ein gutes Leben für alle. Die Forderungen, die die in der Gewerkschaft ver.di organisierten Kolleginnen und Kollegen aufgestellt haben, sind gerechtfertigt. Ja, gerade auch die Forderungen nach Mindestbetrag und einer Laufzeit von zwölf Monaten. Und für unsere Auszubildenden und PraktikantInnen ist die Festbetragsforderung genau das Richtige. Es gibt viele gute Gründe für unsere Forderungen und es gibt das demokratische Mittel des Streiks.   Glück auf mit uns!
        - es gilt das gesprochene Wort -