Verabschiedung in „einsatzgleichen Beitrag“: Panzerbataillon 414 verlegt nach Litauen

Gesellschaft Von Susanne Zaulick | am Fr., 11.06.2021 - 09:34

BERGEN-HOHNE. Von einem „Meilenstein“ und davon, dass man mit dem jetzt anstehenden „einsatzgleichen Beitrag“ ein Stück weit Geschichte schreibe, spricht der niederländische Brigadegeneral Roland de Jong, anlässlich des Verabschiedungsappells für 280 Soldaten des Panzerbataillons 414, die in den kommenden Wochen nach Litauen verlegt werden. Denn erstmals bildet eine binationale Einheit – in diesem Fall Deutsche und Niederländer – als Leitverband den Kern des dortigen multinationalen Gefechtsverbandes, der unter der Bezeichnung „Enhanced forward presence“ seit 2017 vor der NATO-Außengrenze agiert.

Der Kommandeur des erst vor fünf Jahren in der Bergener Niedersachsenkaserne aufgestellten Panzerbataillons, Oberstleutnant Hagen Ruppelt, versprüht Vorfreude. „Für uns ist es eine Riesenchance“, beschreibt er seinen Blick auf den sechsmonatigen Beitrag seiner Einheit im Baltikum. Er freue sich, dass man jetzt die Einsatzbereitschaft unter Beweis stellen könne. In seiner Rede auf dem Appellplatz blickt er auf die weltpolitischen Zusammenhänge, die zur Präsenz von NATO-Truppen im Baltikum geführt haben: „Im März 2014 hat Russland durch die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ostukraine Grundprinzipien des Völkerrechts verletzt und seine militärischen Aktivitäten an der Grenze zur NATO erheblich intensiviert. Die NATO hat auf dieses Verhalten reagiert. Beim NATO-Gipfel 2014 in Wales wurde der sogenannte „Readiness Action Plan“ beschlossen, der unter anderem eine verstärkte Luftraumüberwachung, mehr Übungen und die Aufstellung einer schnell verlegbaren NATO-Eingreiftruppe beinhaltet. Auf dem NATO-Gipfel in Warschau im Juli 2016 wurde als weitergehende Maßnahme die Etablierung einer sogenannten „Vornepräsenz“ in Stärke von jeweils eines multinationalen Gefechtsverbandes in den drei baltischen Staaten und in Polen ab 2017 beschlossen. Seit Januar 2017 ist ein solcher Gefechtsverband unter deutscher Führung im Rahmen der „Enhanced Forward Presence“ („EFP“) in Litauen stationiert.“

Dass aufgrund der NATO-Russland-Grundakte keine dauerhafte Stationierung von alliierten Truppen in Osteuropa erlaubt ist, „umgeht“ man durch regelmäßige Rotationen, in denen jeweils auch das gesamte Material an- und abtransportiert wird. Ein nicht unerheblicher Aufwand, der eine Menge Logistik erfordert. Seit gut einem Jahr laufen in Bergen die Planungen. Für die Reise von Bergen nach Rukla in Litauen benötigt ein Leopardpanzer mit der Bahn 10 bis 14 Tage. Weiteres Material wird per Schiff transportiert, die Soldaten per Flugzeug. Für sie wird es aufgrund der Corona-Situation ein durchgehender sechsmonatiger Einsatz ohne Urlaub zwischendurch. Auch wenn alle geimpft sind, gehen sie vor und nach dem Einsatz in Quarantäne.

Vor diesem Hintergrund würdigte Bergens Bürgermeisterin Claudia Dettmar-Müller beim Appell vor allem das Engagement der SoldatInnen: „Wir brauchen Menschen wie Sie, die verantwortungsvoll dienen. Sie setzen sich täglich für unsere Werte und den Erhalt unserer Demokratie ein.“ Als Zeichen der Verbundenheit enthüllte sie gemeinsam mit dem Kommandeur ein Ortsschild mit der Aufschrift „Stadt Bergen – Heimatstandort“, das ebenso wie ein Wappen der Royal British Legion und ein weiteres Ortsschild und eine Fahne der Patengemeinden Bergen und Eversen die Beziehung zu den Menschen vor Ort zum Ausdruck bringen sollen. 

Als CDU-Bundestagsabgeordneter, verteidigungspolitischer Sprecher seiner Fraktion und Politiker, der die Stationierung des deutsch-niederländischen Bataillons in Bergen von Anfang an begleitet und vorangetrieben hat, äußerte sich auch Henning Otte überzeugt von der Notwendigkeit des Einsatzes in Litauen. „Die Bedrohung heißt Russland“, so seine Einschätzung. Es gehe hinsichtlich der Grenzen zur russischen Enklave Kaliningrad, aber auch zu Weißrussland, um eine konkrete geostrategische Problematik. Dass ein deutsch-niederländisches Bataillon, gemeinsam mit Einheiten aus Tschechien, Norwegen, Belgien, Island und Luxemburg hier zur Abschreckung beiträgt, sieht er als „gelebtes Europa“. Insgesamt sind zwischen 1200 und 1500 Soldaten dieser NATO-Länder in Litauen präsent.

In der Kaserne in Rukla und auf litauischen Truppenübungsplätzen steht für die Soldaten vor allem die weitere Optimierung  der multinationalen Zusammenarbeit und Ausbildung im Mittelpunkt. Unter Beweis stellen sollen sie ihre Fähigkeiten bei einem dreiwöchigen Panzergefecht, gemeinsam mit litauischen Verbänden. „Das ist dann die Meisterprüfung“, so Generalmajor Jürgen-Joachim von Sandrart, Kommandeur der 1. Panzerdivision, zu der auch das Bergener Bataillon gehört.